Die Berufswahl im Jahre 1967

Für die damalige Zeit typische Bilder

Raddampfer Cecilie vor Bonn Beuel / Gegenüber der Zementfabrik in Bonn

Die blaue Flagge

In der Schifffahrt gilt das Gebot, sich auf der Backbordseite (links) zu begegnen. Das entspricht dem im Straßenverkehr vorhandenem Rechtsfahrgebot.
Manchmal ist es für die Bergfahrt effektiver, auf Linksverkehr „umzusteigen“. Um dem entgegenkommenden Schiffsverkehr dieses anzuzeigen, wurde die blaue Flagge erfunden.
Auf Steuerbord (rechts) vom Steuerstuhl befand sich ein Mast, an dem diese Flagge nach Bedarf gehisst werden musste.
Die Blaue Flagge war beim Schiffspersonal von zweifelhafter Beliebtheit, denn eines der größten Hobbys dieser Flagge war es, sich um den Fahnenmast zu wickeln und somit für den entgegenkommenden Schiffsverkehr nicht mehr sichtbar zu sein.
Dann war es angesagt, diese Flagge händig zu „entwickeln“. Dieses war mit sehr akrobatischen, teils zirkusreifen Übungen verbunden.
Mit dem technischen Fortschritt wurde die Blaue Flagge umgetauft. Jetzt nennt sie sich „Blaue Tafel“. Aber sie wurde nicht einfach umgetauft, nein, der Fahnenmast wurde abgebaut und die Blaue Flagge eingemottet. Die blaue Tafel in einem Metallrahmen wurde an Steuerbord installiert. Im Idealfall kann sie von der Waagerechten in die Senkrechte mit einem Knopfdruck befördert werden.

Blaue Flagge / Blaue Tafel

Später auf einem Frachtschiff

Etwas von dieser „Romantik“ konnte ich später als Paddler miterleben.
In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als man „noch Zeit hatte, sich Zeit zu nehmen, sich aber dennoch zeitig auf den Weg machte“ (Ulrich Roski), wo wenige Schiffe Radar hatten, und die „Selbstfahrer“ noch häufig gesehen wurden, die Schilder „Schiff nicht betreten“, eher seltener waren, ging sowas hier noch.
Etwas oberhalb unseres Bootshauses in der jetzigen Rheinaue legten zum Einbruch der Dämmerung häufig Frachtschiffe zur Nachtruhe an, und wenn wir uns dann bequem den Rhein herauf fahren lassen wollten, legten wir uns Abends auf die Lauer. Sobald ein „Bergfahrer“, dessen Bord sich in idealer Höhe zum bequemen ein und aussteigen befand, das Gas wegnahm, um seinen Anker in den Grund des Rheines zu werfen, saßen wir im Paddelboot. Zur Befragung des Kapitäns, ob er uns mitnimmt, fuhren wir an die Seite des Frachtschiffes.
Dass es hier nicht immer ganz so friedlich zuging, war logisch, denn manchmal waren die „Käptn`s“ ganz schön verwundert, vor allem, wenn das Schiff schon da lag, und wir an Bord mussten, um zu fragen.
Wir sahen schon in Pistolenmündungen und manche kalte Hundeschnauze zeigte die Zähne. Aber wir leben noch.
Eine Erinnerung ist mir sehr im Kopf geblieben und beschreibt das damalige Leben auf einem Frachter sehr realistisch.
Ich begab mich auf ein mit Kohlen beladenes niederländisches Frachtschiff. Auch dieser Käpt´n war etwas verwundert. „Ja, kannst mitfahren, morgen um 5 Uhr wird der Anker gelichtet, dann bist Du an Bord, sonst sind wir weg.“ Jürgen war an Bord, es war recht neblig, er lag im Schlafsack auf seiner Luftmatratze. ISO Matten gab es glaub ich noch nicht, ich hatte jedenfalls keine, und irgendwann wurde der Anker gelichtet, es ging mit dem typischen Brummen des Motors übers ganze Schiff los.
Aber nicht lange, vor Oberkassel rasselte der Anker schon wieder in den Grund des Rheines, es war zu neblig um weiterzufahren!
Irgendwann lichtete sich der Nebel, es zeigte sich die Sonne und der Anker wurde zum zweiten Male heute gelichtet.
Der Käpt´n war mit seiner alten Mutter alleine an Bord, und diese gute Frau kam dann zu mir und meinte, ich solle doch auf einen Kaffee ins Steuerhaus kommen. Nichts tat ich lieber, und so kamen wirüber das Leben auf einem Frachter ins Gespräch.
Nachdem herauskam, dass ich auf einem Personenschiff ein Praktikum gemacht hatte, das nannte man damals nur noch nicht so, durfte ich nach einer kurzen Prüfung sein Schiff steuern, während er zu einer kurzen Pause verschwand.
Da sich Vertrauen aufgebaut hatte, durfte ich vorne in der Matrosenkabine schlafen, die war nicht bewohnt. Es ist schon ein komisches Gefühl, in so einer Blechkiste zu liegen, man hört alles, was gegen die Schiffswand getrieben wird vielfach verstärkt.
Oberhalb des Mainzer Campingplatzes wurde es nach einer dreitägigen Reise dann noch mal spannend, denn ich musste von Bord, mit meinem „Neckermann Pouch Zweier Kanu“, das ist immer ein schwieriger „Ausstieg“. Der Frachter wird zwar gedrosselt, aber selbst, wenn das Schiff steht, der Rhein fließt immer noch, aber auch diesmal ging es gut. Ich kam nach einem herzlichen Abschied gut von Bord.
Ich baute mein Zelt am Camping auf. Drei Tage auf einem Kohlenfrachter macht das Duschwasser ganz schön dunkel…

Frachtschiffe in den 1970er Jahren

Zu Beginn fast jeden Tages

Hinterlasse einen Kommentar